(Ricardo, Rosaleda, den 11.3.2000)
Wie jeden Tag stehe ich frh auf und rasiere mich. Dann fttere ich unsere
Haustiere und gehe mit den Hunden auf den Morgenspaziergang. Unser Rudel umfasst folgende
Persnlichkeiten: Rde Geoffrey, Hndin Chiripa sowie die Junghunde Sokrates
und Junior.
Heute aber kommt Soks (Abkrzung fr
Sokrates) nicht mit, er bleibt liegen. Nach dem Spaziergang wecke ich ungeduldig meine
Frau Susanne. Wir messen Soks das Fieber: 41. Wir sind sehr beunruhigt. Wir beraten uns
und kommen zum Schluss, dass Soks sicher etwas giftiges gefressen haben muss. Wir spritzen
ihm ein Leberentgiftungsmittel und fr alle Flle noch Antibiotika. Sein Zahnfleisch ist
noch rot; wir hoffen auf Besserung.
Am Mittag messen wir Soks wieder das Fieber: es ist
immer noch sehr hoch. Aber das Zahnfleisch ist bereits weiss. Da sagt Susanne: "Der
muss sofort zum Arzt!" Da kommt nur Dr. Pico, einer der Tierrzte auf der 40
Kilometer entfernten Riesenestanzia "Remonia", in Frage. Dr. Pico kennt
sich nebst Grosstieren auch mit Kleintieren aus, eine Seltenheit in Paraguay.
Ich packe Sokrates auf den Beifahrersitz unserer
Camioneta und fahre los. Nach dreiviertel Stunden komme ich auf der Remonia an. Es
ist noch Mittagszeit, die Siesta ist noch nicht vorber. Zu meinem Glck dauert die
Siesta in Paraguay nur bis 14 Uhr und nicht bis 17 Uhr wie in Spanien Stroessners
Verdienst.
Punkt 14 Uhr kommt Dr. Pico (in vollem Wortlaut: Dr.
Alann Dario Pico Insfrn) zu seinem sagen wir Bro. Ich gehe sofort zu ihm
hin und zeige ihm meinen kleinen Patienten, den ich auf dem Arm trage. Sokrates kann den
Urin bereits nicht mehr halten und macht eine grosse Lache auf den Fussboden. Dr. Pico
untersucht Sokrates grndlich und ist sehr besorgt. Seine Diagnose ist brutal:
"Staupe!" "Aber wir haben doch unsere Hunde geimpft", entgegne ich.
Der Impfschutz bei Junghunden sei nur etwa 60 % meint Dr. Pico. Mir kommt in den Sinn,
dass Susanne in der Schweiz einmal einen Hund an Staupe verloren hat. "Ist denn
Staupe heilbar", frage ich. "Es gibt ein Mittel, mit dem Erfolge mglich sind,
besonders wenn es frh genug eingesetzt wird; die Arznei bekommt man aber nur in
Asuncin", entgegnet Dr. Pico. Asuncin ist 500 Kilometer entfernt und die
Behandlung eilt.
Zum Glck erinnert sich Dr. Pico daran, dass Maleika,
die Tochter vom Hamburger, eventuell noch von diesem Mittel haben knnte, da vor
kurzem einer ihrer Hund an Staupe erkrankt ist. Maleika wohnt im nahen Mariscal
Estigarribia. Ein Telefon gengt und wir wissen, dass noch Serum vorhanden ist. Da heute
Dr. Pico sowieso noch in Mariscal zu tun hat, verabreden wir uns bei Maleika. Mir trgt
er noch auf, eine Infusion und eine Infusionsnadel zu besorgen.
Wie verabredet treffen wir uns nach einer Stunden in
der Pension "Maleika", besser bekannt unter der Bezeichnung "Beim
Hamburger". Auf dem Fussboden der kleinen Beiz steckt Dr. Pico Sokrates eine
Infusion und spritzt ihm das Serum. Da ich selber keine Infusion kriege, sich bei mir aber
langsam Hunger bemerkbar macht und wir uns nicht in einer Klinik, sondern in einer Beiz
und befinden, bestelle ich mir ein Milanese und ein Bier. "Eine Beiz als
Behandlungsraum ist eigentlich eine tolle Sache", denke ich mir.
Nach gut einer Stunde mache ich mich mit Sokrates
auf den Heimweg. Wir verabreden uns fr eine weitere Behandlung, morgen abend um 18 Uhr.
Das ist eine gute Zeit fr eine Infusion - und fr ein Nachtessen. Susanne wird dann
auch dabei sein.
Wir organisieren noch mehr von diesem Mittel. Eine
Kollegin in Asuncin packt die Arznei in eine Khlbox und gibt sie dem Chaco-Nachtbus
mit. Acht Stunden spter kann Maleika die Box bei der Bushaltestelle abholen.
Zwei Tage spter kommt Maleika und der Tierarzt bei
uns in Rosaleda vorbei. Sokrates geht es nun schon recht gut. Er kann wieder laufen und
das Fieber ist fast weg. Sokrates bekommt nochmals eine Spritze und eine Infusion. Die
anderen Hunde werden vorbeugend behandelt.
Sokrates kommt wieder gut auf die Beine. Uns bleibt
noch, das Dorf Rosaleda ber die Staupe zu informieren und die Krankheitssymptome zu
beschreiben. Wir haben uns mit Impfstoff und Serum eingedeckt und offerieren den Leuten,
ihre Hunde zu impfen. Also: "Im Anfangsstadium kann Staupe erfolgreich behandelt
werden!"