(Ricardo)
Hier mchte ich einiges ber die indianische Urbevlkerung des Chaco berichten. Dabei
mchte ich einerseits auf deren Mythologie und Riten eingehen, und andererseits deren
Werdegang in der Assimilierung verfolgen. Der Verlust der alten Kultur wurde erst
realisiert, als es schon fast zu spt war. Schlussendlich kommen wir zum letzten grossen
Kampf der wilden und kriegerischen Ayoreos (auch Moros genannt), der vor nur 17 Jahren in
unserer Nhe stattfand: Die Guidaigosode suchten die Totobiegosode das erste mal
friedlich auf. Die Totobiegosode trauten dem Frieden nicht, und so kam es 1986/1987 zur
legendren Auseinandersetzung, die 5 Tote und einige Verletzte mit Speerwunden in Kopf,
Hals und Brust forderte.
Die letzten hundert Jahre
Zu Beginn des 20 Jahrhunderts war der Chaco
noch eine Wildnis. In diesem Gebiet, in der Grsse Westdeutschlands, lebten keine 10'000
Indianer. (Nach der Besiedelung ergab die Volkszhlung im Chaco 1997 knappe 100'000
Einwohner.) Es gab wenig erforschte Stmme, mit unterschiedlichen Kulturen und Sprachen.
Strssner untersttzte das Vorhaben der Mennoniten, sich im Chaco niederzulassen. Mit
der Besiedelung des Chacos sah er eine grssere Chance, die Besitzansprche Paraguays
gegen die Bolivianer zu verteidigen. Zu dieser Zeit war die Grenze zu Bolivien noch
keinesfalls gesichert. Das heutige Mcal. Estigarribia war zu Anfang des Chacokrieges (1932
1935) noch eine bolivianische Festung.
Situation im Chaco heute
Sieht man einmal davon ab, dass auch die
Chaco-Indianer praktisch nicht mehr als Jger und Sammler ihr Leben fristen knnen, so
haben sie doch in den Mennoniten gute Beschtzer gefunden.
Machen wir einen Zeitsprung zurck: Die
einwandernden Mennoniten, in den 1930er Jahren, kamen in das Jagd- und Wohngebiet der
Lengua-Indianer. Die Lenguas waren ein Volk, das vom Aussterben bedroht war. Sehr viele
wurden durch eine Pockenepidemie, kurz vor Ankunft der Mennoniten, in den Tod gerissen.
Dann waren es auch die berlegenen Feinde anderer Ethnien, welche die weitzerstreuten
Sippen der Lenguas immer kleiner werden liessen. Eine Volkszhlung im Jahre 1943
ergab total 625 Lenguas im Gebiet der Chaco-Kolonien. 6 bis 12jhrige Kinder gab
es nur 12. Zur Zeit des Chacokrieges wurden von den Eltern ausser diesen 12 Kindern alle
gettet. Man befrchtete, durch weinende Babys knnte die ganze Sippe entdeckt und von
den Soldaten erschossen werden.
Heute (Zhlung im Jahre
2000) leben im Raum der Chaco-Kolonien ber 17'000 Indianer. Die
Ursachen fr die Zuwanderung sind verschieden. Zuerst ging es um die
Verdienstmglichkeiten in der Erntezeit. Bald merkten die Indianer, dass sich hier
Mglichkeiten boten, gutes Geld zu verdienen.
Die Mennoniten verdanken sicher einen guten
Teil ihres heutigen Wohlstandes den indianischen Arbeitskrften. Das Problem ist aber,
dass heute nicht mehr so viele manuelle Arbeit anfllt, da einerseits grosse Maschinen
fr die Landbewirtschaftung und Ernte vorhanden sind und dass andererseits der Strom
nicht mehr mit Dampf und Chacoholz erzeugt, sondern von Itapa per Stromleitung bezogen
wird. Wohin also mit den vielen Indianern?
Im Laufe der Zeit bauten die Mennoniten
(Organisation ASCIM) 12 indianische Kolonien mit insgesamt 108 Drfern auf
110'000 ha Land auf. Die ASCIM verfgt im Moment noch ber eine Landreserve von
43'000 ha. In den Siedlungen gibt es Indianer vom Stamm der Lengua, Nivacl und
Sanapan. Betrieben werden Viehzucht und Ackerbau. Das jngste Projekt, das gerade in
diesen Tagen in der Presse vorgestellt wurde, ist die Produktion von Sesam.
Die Mennoniten haben sich sehr fr die
schulische Bildung der Indianer eingesetzt und auch versucht, mglichst viele Lehrkrfte
aus ihren eigenen Reihen zu rekrutieren. Folgende Aufstellung zeigt eine Statistik der
Schler und Lehrer in den Indianersiedlungen, wie sie sich im Jahre 1994 bot:
Anz. |
Schule |
Schler |
Lehrer |
30 |
Escuelitas
(Kindergarten) |
550 |
50 |
47 |
Escuela
Aldeanas (Volksschulen) |
1138 |
49 |
11 |
Esc.
Centrales (Mittelpunktschulen) |
638 |
16 |
1 |
Esc.
Cabecera (Hauptschule) |
137 |
7 |
2 |
Ciclo
Bsico (Sek. in Yalve Sanga) |
59 |
6 |
|
Ciclo
Bsico (Sek. In Filadelfia) |
30 |
10 |
1 |
Formacin
Docente (Lehrerausbildung) |
8 |
5 |
1 |
La
Huerta (Landwirtschaftsschule) |
61 |
8 |
2 |
Esc.
Hogarea (Haushaltsschule) |
28 |
9 |
1 |
Frauenschule
in Yalve Sanga |
34 |
3 |
96 |
total |
2683 |
163 |
Die Mennoniten versuchen alles, um Indianern
und Paraguayern in ihrem Gebiet zu Kulturland und Wohnraum zu verhelfen. Nicht ganz ohne
Eigennutz, denn eine zufriedene Bevlkerung in ihrer Umgebung schafft auch ihnen weniger
Probleme mit Diebstahl, Arbeitslosen und Unzufriedenen. Die Mennoniten haben auch schon
oft versucht, die "Slums" vor ihren Stdten zu eliminieren. Aber immer wenn sie
diesen Leuten Tinglados aufstellten und Backsteine zur Verfgung stellten, kommen neue
Ansiedler, oder jene verkaufen ihr neues Haus und logieren wieder am alten Platz unter
Plastikplanen.
Aktuelles:
Landbergabe an die Indianer im Chaco (Okt.
2003)
Am 11 Oktober 2003 bergibt die Kolonie
Menno der Indianergemeinschaft von Pozo Amarillo den Landtitel von insgesamt 7.396
Hektar. Angenommen man berechnet es mit US$ 100.- pro ha, so liegt der Wert
dieses Landes bei US$ 739.600.-.
Dieses Land wurde 1943 von der Kolonie
gekauft und an Mennobrger zur Besiedlung verkauft. Spter kaufte die Kolonie dieses
Land den Brgern wieder ab und stellte es der Indianermission zur Verfgung. Nun bekamen
die Indianer auch die Dokumente fr das Land.
Zur feierlichen Titelbergabe erschien die
geladene Presse praktisch nicht. Frage: Will man ber die Indigenen nur negativ
berichten?
Die Indianer "gedeihen" gut in
Paraguay (2002)
Laut der Volkszhlung 2002 gibt es rund 87.000
Ureinwohner in Paraguay. Bei der Volkszhlung 1992, also vor zehn Jahren,
zhlte man "nur" 49.000. Das bedeutet, dass sich diese Volksgruppe trotz aller
Schwierigkeiten bei berleben und Gesundheitsbetreuung doch betrchtlich vermehren
konnte.
An die 2000 Ureinwohner wurden nicht als
Indianer gezhlt, da sie bereits unter "Weissen" leben und deren
Lebensgewohnheiten angenommen haben.
Indianerkrieg in Vorbereitung (Nov.
2004)
In der Tat hat es schon einige Besetzungen
von Gebieten gegeben, auf denen indianische Stmme friedlich lebten. Die Indianer kamen
dann meistens in die Hauptstadt, um sich durch Betteln ber Wasser zu halten. In einem
Fall konnten sie ihr Gebiet wieder in Besitz nehmen, doch fanden sie es verwstet und
fast ohne Bume vor. Die "Landlosen" haben schliesslich Motorsgen und mit
Abholzen ist schliesslich gutes Geld zu verdienen.
Jetzt scheint wieder eine Besetzung in
Vorbereitung zu sein. In der Umgebung von Curuguaty leben die Ach Guaran auf einem
Gebiet von 8000 ha, das ihnen dazumal vom staatlichen Ureinwohnerinstitut INDI bergeben
wurde. 7000 ha sind noch von Wald bestanden. Es ist offensichtlich nur natrlich, das
andere Leute ihren Blick auf derart wertvolles Areal werfen.
Seit einiger Zeit gibt es ein Lager
sogenannter "landloser Bauern" am Rande des Indianergebietes die drohen, das
Gebiet zu besetzen. Die Indianer wollen ihr Gebiet verteidigen, denn sie zeigen sich in
Kriegsbemalung und mit Pfeilbogen. Die Landlosen allerdings haben Feuerwaffen. Es ist also
kaum zweifelhaft, wer bei einer Auseinandersetzung der Sieger wre. |